Matthias Beckmann

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Kannst Du uns etwas über Deinen Background als Künstler und Filmemacher erzählen?

Ich habe in Düsseldorf und in Stuttgart an den Kunstakademien studiert und zwar hauptsächlich in den Klassen für Freie Grafik und Zeichnung. Ich zeichne also eigentlich nur. Sonst mache ich noch Druckgrafik, Zeichentrickfilm …das erst seit 2008. Anlass dafür war eine Ausstellung in einer Berliner Galerie, wo auch Trickfilm gezeigt werden sollte.

 

Ah, das heißt, dass aufgrund des Interesses der Galerie Du Deinen ersten Zeichentrickfilm gemacht hast?

Genau.

 

Kannst Du sagen, was Du an der Zeichnung als Ausdruckmittel besonders schätzt?

Man braucht nicht viel. Man braucht wenig Material, man kann überall hin damit und ich kann vor Ort arbeiten.  Ich habe mich immer gefragt, was ich mit Malerei machen soll, weil ich so viel Zeug mit mir rumschleppen muss, wenn ich irgendwo etwas machen will. Und weil ich ja gerne vor Ort gearbeitet habe, war das immer irgendwie klar, dass ich Zeichnung nehme.

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Du suchst Dir verschiedene Orte und Deine Zeichnungen beziehen sich auf das, was Du dort siehst und beobachtest. Die Annäherung zum Film funktioniert schon anders, weil Du in der Studioumgebung arbeitest, oder?

Ja, ich zeichne das hier am Dialeuchttisch.

 

Kannst Du beschreiben, inwieweit sich Deine Herangehensweise von Zeichnungen für eine Animation von Deinen anderen Arbeiten unterscheidet?

Ich suche für meinen Zeichentrickfilm keine Orte auf. Das habe ich mir einmal überlegt, aber das wäre unglaublich kompliziert und ich brauche ja auch ziemlich lange dafür. Anstatt dessen erschaffe ich kleine Welten auf meinem Zeichentisch, indem ich mit Plastikfiguren, mit kleinen Häuschen, mit Puppen, mit irgendwelchen Dingen, die als Stellvertreter funktionieren, arbeite.

 

Die Gemeinsamkeit ist sicherlich, dass ich selten eine Zeichnung mache. Wenn ich zeichne, dann immer viele Zeichnungen. Und das ist beim Zeichentrickfilm natürlich auch so. Dieses erzählerische Element ist für mich auch wichtig. Das kann bis ins Anekdotische gehen, da hab ich kein Problem mit. Das alles spielt eine Rolle. Manchmal denke ich, dass die Zeichentrickfilme wieder zurückgreifen auf Dinge, die ich früher gemacht habe, die wirklich sehr illustrativ waren.

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Inwieweit unterschiedet sich Deine Konzentration beim Zeichnen von der beim Animieren? Ich nehme an, dass wenn Du an einem Ort bist, den Du über das Zeichnen erschließt, sich das vom Zeichnen im Studio sehr unterscheidet …

Wenn ich vor Ort zeichne, muss ich ja da hin. Das ist es eine Entscheidung und ich kann nur eine gewisse Zeit lang konzentriert arbeiten. Wenn ich hier zu Hause zeichne, was ich ja beim Trickfilm mache, geht das auch über einen längeren Zeitraum am Tag, das funktioniert.

 

Viel davon ist ja mehr oder weniger auch mechanisch, weil gar nicht auf die einzelne Zeichnung ankommt. Viel wird ja teilweise durchgepaust und nur ein bisschen verändert. Das ist viel Produktion von Masse, bei so einem Zeichentrickfilm. Der Film „Keine Tricks“ zum Beispiel ist nicht durchgepaust. Trotzdem habe ich immer die davor liegende Zeichnung als Referenz und mache ich eine kleine Veränderung. Dabei gucke ich natürlich nach vorne auf das Objekt.

 

Fängst Du an, Dich anders über Zeichnung nachzudenken, wenn Du animierst als wenn Du an einer Serie von Zeichnungen zeichnest?

Die Zeichnungen vor Ort würde ich nicht als serielle Zeichnungen beschreiben. Das sind Folgen von Einzelblättern, bei denen es immer aus das einzelne Bild ankommt. Wenn ich einen Zeichentrickfilm mache, habe ich schon einmal versucht, „schöne“ Zeichnungen rauszuholen. Das ist gar nicht so einfach! Es gibt gar nicht viele Zeichnungen im Zeichentrickfilm, die als Zeichnung bestehen können. Das ist ganz anders gedacht. Die Zeichnungen sind meist vereinfachter als bei den manchmal aufwändigen Zeichnungen, die ich so vor Ort mache.

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Was interessiert Dich am Verhältnis von Zeichnung und Bewegung?

Beim ersten Film war es so: Ich wollte einfach mal ausprobieren, wie das ist, wie sich das bewegt. Die ursprüngliche Idee war, eine Zeichnung zu machen, die sich ganz langsam bewegt, die eigentlich eine stehende Zeichnung ist, die kaum sich merklich verändert. Das war dementsprechend ein relativ langsamer Film. Das finde ich interessant. Auch, das in einer Ausstellung zu haben, weil das noch einmal eine Bereicherung ist. Es ist erstaunlich! Die Leute hocken sich immer hin, wo was Bewegtes ist. Es ist fast egal, was sich da bewegt. Dann ist es wie eine Ergänzung zu dem, was ich sonst mache: Da kommen noch merkwürdige Geschichte dazu, manchmal spreche ich einen Text oder schreibe einen Text, den ich spreche, für die Filme. Oder es gibt Musik… das ist nochmal eine Erweiterung.

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Matthias Beckmann (1965) wurde in Arnsberg geboren, studierte in Düsseldorf und Stuttgart und lebt heute in Berlin. Seine umfangreichen dokumentarischen Zeichnungsserien über ausgewählte Orte und Institutionen entstehen direkt vor dem Motiv.